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Verbraucherverträge: Das gilt rechtlich für den Widerruf

Interview

Werden Verträge telefonisch, per E-Mail oder vor Ort bei Kunden geschlossen, steht diesen unter Umständen ein Widerrufsrecht zu. Wird eine Belehrung hierüber versäumt, gibt es im schlimmsten Fall für die bereits erbrachten Leistungen und das eingesetzte Material nicht einmal einen Wertersatz.

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Recht kompakt“ hat Varinia Iber, Fachanwältin für Informationstechnologierecht, einen Überblick zum Thema gegeben. Im Interview geht sie auf die häufigsten Fragen zum Widerrufsrecht ein.

In welchen Fällen steht Verbrauchern ein Widerrufsrecht zu?

Widerrufsrechte des Verbrauchers sind vornehmlich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. In bestimmten Fällen kann sich der Verbraucher durch Widerruf innerhalb einer Frist – regelmäßig innerhalb von 14 Tagen – ohne Angabe von Gründen von einem Vertrag lösen, den er mit einem Unternehmer geschlossen hat. Das Widerrufsrecht besteht bei besonderen Vertriebsformen, bei denen die Gefahr besteht, dass die Verbraucher überrascht werden könnten und sich nicht über Inhalt und Bedeutung des Vertrages bewusst sind. Verbrauchern steht daher grundsätzlich ein Widerrufsrecht bei sogenannten Fernabsatzverträgen sowie bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen zu. Das bedeutet, wenn ein Vertrag online, per Telefon, Brief oder außerhalb von Geschäftsräumen, z.B. auf der Baustelle, abgeschlossen wird.

Gilt das für alle Verträge?

Nein, das Widerrufsrecht gilt nicht für alle Verträge. Es gibt bestimmte Ausnahmen, bei denen Verbraucher kein Widerrufsrecht haben. Dies ist zum einen der Fall, wenn aufgrund der Besonderheiten des Vertragsgegenstandes von Anfang an kein Widerrufsrecht besteht oder dieses vorzeitig erlischt. Einige der wichtigsten Ausnahmen für Handwerksbetriebe sind:

Bei dringenden Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten, bei denen der Kunde die Arbeiten ausdrücklich angefordert hat, besteht kein Widerrufsrecht. Dies setzt jedoch voraus, dass ein echter Notfall besteht. Lassen sich die Arbeiten ohne Gefahr auch aufschieben, liegt die Ausnahme nicht vor.

Ein Widerruf hinsichtlich Warenlieferungen, die nicht vorgefertigt sind oder deren Herstellung auf die persönlichen Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten sind, ist nicht möglich.

Wenn die Ware nach ihrer Lieferung untrennbar mit anderen Gütern vermischt wird, besteht ebenfalls kein Widerrufsrecht. Das betrifft vor allem Werkmaterialien und Baustoffe.

Das Widerrufsrecht erlischt, sobald der Unternehmer die Dienstleistung vollständig erbracht hat. Hierfür muss der Kunde jedoch vor Vertragsschluss ausdrücklich bestätigen, dass der Unternehmer mit der Ausführung der Arbeit vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnen darf.

Wann und in welcher Form muss die Belehrung erfolgen?

Die Belehrung über das Widerrufsrecht muss dem Verbraucher in Textform (z.B. per E-Mail oder Brief) spätestens bei Vertragsschluss mitgeteilt werden. Dabei muss der Verbraucher klar und verständlich über sein Widerrufsrecht informiert werden.

Wo findet man ein Muster für eine Widerrufsbelehrung?

Ein Muster für eine Widerrufsbelehrung kann im Anhang des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in der Anlage 1 zu Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 2 BGB gefunden werden. Diese Muster können als Orientierung dienen, sollten jedoch – mit rechtlicher Unterstützung – an die konkreten Gegebenheiten des Vertrags angepasst werden.

Kann ich die Widerrufsbelehrung nachholen?

Ja, es ist möglich, die Widerrufsbelehrung nachträglich zu erteilen, jedoch sollten Sie dies unverzüglich nachholen, sobald Ihnen bewusst wird, dass eine solche Belehrung unterblieben ist. In diesem Fall beginnt die 14-tägige Widerrufsfrist ab dem Zeitpunkt des Zugangs der Belehrung.

Was sind die Risiken, wenn eine Widerrufsbelehrung nicht erfolgt ist?

Wenn eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung nicht erfolgt ist, kann dies dazu führen, dass das Widerrufsrecht des Verbrauchers länger besteht – bis zu 12 Monaten und 14 Tagen. Zudem kann ein Verstoß gegen die Informationspflichten auch zu Abmahnungen durch Wettbewerber oder Verbraucherverbände und Schadenersatzforderungen der Kunden führen. Daher ist eine korrekte und rechtzeitige Widerrufsbelehrung im Interesse aller Vertragsparteien.

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